Familienrat

Heute schreibe ich über unseren Familienrat. Der ist für mich inzwischen zu einer wichtigen Einrichtung in unserer fünfköpfigen Patchwork-Familie geworden.

Durch den Familienrat kommen wichtige Themen auf den Tisch, die ansonsten die Stimmung in der Familie belastet hätten. Und er stärkt die Kinder, indem sie durch den Familienrat Gleichwürdigkeit und Wirksamkeit erleben.

Bei dem Rat nehmen alle Familienmitglieder teil. Damit es für die Kinder nicht zu lange wird, peilen wir eine Dauer von 20 Minuten an – und verlängern um jeweils 10 Minuten, wenn alle zustimmen. Jeden zweiten Samstag nach dem Frühstück trommeln wir den Rat zusammen.

Utensilien für unseren Rat sind:

  • Unser Familienbuch. Dort notieren wir die gefassten Beschlüsse.
  • Eine Klangschale.
  • Ein Rede-Gegenstand / Redestab
  • Sitzkissen

Wir sitzen im Kreis auf dem Boden, mit der Klangschale in der Mitte. Bevor der Rat beginnt, verteilen wir zwei wichtige Aufgaben: Wer wird der Protokollant, der die Beschlüsse notiert? Und wer wird der Zeitwächter, der darauf achtet, dass wir nicht überziehen?

Der Rat beginnt mit dem Anschlagen der Klangschale und zwei Minuten Stille. Die Erwachsenen werden ruhig, die Kinder verdrehen die Augen und können das schwer aushalten 😉

Danach folgt die Wertschätzungsrunde, die regelmäßig ein Strahlen auf die Gesichter zaubert. Hier bekommst Du von einem anderen Familienmitglied gesagt, wo Du zum Wohlbefinden von jemand anderem beigetragen hast. Und kannst Deinerseits Wertschätzung verteilen.

Wer etwas sagen will, nimmt den Redestab und sagt Sätze wie  „Ich finde es gut, dass Du gestern mit mir gespielt hast“. Oder „Ich habe mich sehr gefreut, dass Du Dich letzten Montag um Deinen kleinen Bruder gekümmert hast, als es mir nicht so gut ging“. Danach kommt der Redestab wieder in die Mitte.Das machen wir so lange, bis alles gesagt wurde.

Sind alle Wertschätzungen ausgesprochen, dann liest der Protokollant die Vereinbarungen des letzten Familienrats vor und wir tauschen uns aus, wie gut diese funktioniert haben. Haben sie nicht gut geklappt, suchen wir nach neuen Lösungen.

Jetzt darf jeder neue Themen vorschlagen. Hier gibt es keine Grenzen: Zu wenig Schokolade, zu viel Schokolade, Konflikte wegen der Medien-Nutzung, WLAN-Zugangszeiten, Zimmer aufräumen, allgemeine Unterstützung im Haushalt, Kochen, Putzen, gemeinsame Essenszeiten, Spielzeiten, gemeinsame Aktivitäten…

Der Protokollant schreibt jeden Themenvorschlag auf, nachdem der Vorschlagende in kurzen Sätzen sein Thema erklärt hat.

Bei uns kommen meistens drei bis fünf Vorschläge zusammen. Manche Themen sind Dauerbrenner und tauchen sehr hartnäckig immer wieder auf. Entweder, weil die bisherige Lösung doch nicht funktioniert. Oder weil das Thema es nie schafft, behandelt zu werden – für den Vorschlagenden dennoch weiter relevant bleibt.

Da die Rat-Zeit begrenzt ist, können meistens nicht alle Themen behandelt werden. Deshalb müssen wir uns auf wenige wichtige beschränkten. Dazu hat jedes Familienmitglied zwei Stimmen, die es frei auf die Themen verteilt – auch alle Stimmen auf ein Thema (Schokolade) ist nicht selten. Der Protokollant liest die Themen einzeln vor, und wir vergeben unsere Stimmen.

Und jetzt geht es darum, für die gewählten Themen stimmige Lösungen zu suchen. Dazu erläutert der Vorschlagende eines Themas noch einmal genauer, was ihn bei dem Thema bewegt. Hier kommt die GfK ins Spiel: Denn bevor wir in die Lösungssuche eintauchen ist es uns wichtig zu erfahren, welche Bedürfnisse sich der Vorschlagende durch eine Lösung erfüllen möchte.

Und dann geht es in die offene Lösungssuche. Bisher haben wir immer eine Vereinbarung im Konsens gefunden, mit der alle Familienmitglieder leben können. Mich erstaunt immer wieder, wie wir auch bei Themen wie „Schokolade“ einen Konsens finden, obwohl die Meinung der Kinder und Eltern hier stark auseinander gehen.

Unsere vier goldene Regeln für den Familienrat:

  1. Alle Familienmitglieder sind gleichwertig. Das heißt, die Erwachsenen sind nicht höher gestellt als die Kinder und auch Geschwisterkinder haben im Rat dieselbe Stellung.
  2. Jeder darf das ansprechen, was ihn bewegt und alle anderen hören erst einmal nur zu. Gegenseitiges ins Wort fallen ist tabu. Abfällige Bemerkungen haben hier keinen Platz. Das einzuhalten unterstützt ein Rede-Gegenstand.
  3. Beschlüsse sind mindestens bis zum nächsten Treffen gültig. Sie werden in einem Familienbuch schriftlich festgehalten. Was sich bewährt hat, das wird in der Regel beibehalten. Und über den Rest wird neu verhandelt.
  4. Der Rat ist nach der vereinbarten Zeit um. Wenn wir nicht fertig werden (oder es mehr Themen gibt), dann stimmen wir ab, ob wir um jeweils 5 Minuten verlängern wollen. Nicht behandelte Themen können das nächste Mal an die Reihe kommen, wenn sie noch relevant sind.

Wie ist es bei Euch – welche Erfahrungen habt Ihr mit dem Familienrat?

 

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Autor: Martin

Ein Wandelfreund.

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